Dioretas Webstuhl "Dioretas Webstuhl" - auf sabessisch "In labivar Dioretea" - ist der Name des Buches, in dem die Mythen über die sabessischen Götter wohl ihre schönste Form gefunden haben. Erzählt wird die Geschichte zweier Göttersippen, der Elliaden und der Neorier, die in erbittertem Zwist liegen. Und wo die Götter sich bekämpfen, da sind die Zeiten bitter für die Menschen. Doch dann, eines Tages, begegnen sich Teava, eine Elliadin, und Tandemeo, Sproß der Neorier, und verlieben sich ineinander. Gegen allen Widerstand in ihren Familien kämpfen sie um ihre Liebe und als es endlich zum Verlobungsfest kommt, schließen die beiden Sippen Frieden, und für die Menschen brechen goldene Tage an. Doch die Freude ist nicht ungetrübt, denn beim Fest spricht Raca, Göttin der Weisheit und Teavas Großmutter, eine Prophezeiung aus: Teava und Tandemeo werden heiraten und sieben Söhne und sieben Töchter bekommen. Diese Kinder aber werden einst die Götter stürzen und die Welt, wie wir sie kennen, wird untergehen, um einem neuen Zeitalter Platz zu machen. Doch noch ist der Tag der Hochzeit nicht gekommen, den Dioreta, die Mutter der Braut, die über das Totenreich herrscht, hat sich ausbedungen, den Brautschleier zu weben. Aus Spinnweben fertigt sie ein hauchdünnes Tuch, und mit großer Kunst wirkt sie darin die Ereignisse des Weltenlaufs ein, worauf sich auch der Titel des Buches bezieht. Die Entstehung der sabessischen Mythologie So klein die Insel Sabema im Vergleich zu den großen Kontinenten auch erscheinen mag, so war sie doch in früher Zeit in unzählige kleine Staaten aufgesplittert, von denen die meisten kaum mehr als einen Ort umfassten, den nur ein sehr wohlwollender Mensch als "Stadt" bezeichnen kann. Die Kulturen all dieser Staaten mögen einem Außenstehenden sehr ähnlich, kaum unterscheidbar, erscheinen und doch zeigten sie für die Menschen damals schwerwiegende Unterschiede und auch die Sprachen waren nicht gleich, wenn man sich auch verständigen konnte. Doch bei all den Unterschieden und Gemeinsamkeiten lassen sich diese Staaten doch recht einfach in zwei Gruppen einteilen. In der kleineren, die den Osten der Insel umfasste, nahm die Stadt Cerion die Vorherrschaft ein. Die größere wurde von Sabessa selbst dominiert und umfasst den Rest der Insel. Diese Unterschiede zeigten sich natürlich auch in der Religion der Menschen. Doch schon früh kam es zu einem Austausch, einem Angleichen der verschiedenen Götter. Während die Götter in der frühesten Zeit wohl so etwas wie Schutzgeister einer bestimmten Stadt waren - und kaum eine Stadt hatte mehr als einen dieser Beschützer - so erzählten nun Legenden von den Beziehungen der Götter untereinander und man begann, sich je nach Anliegen an unterschiedliche Götter zu wenden. Auch kam es vor, daß zwei ähnliche Götter verschmolzen, und Aspekte beider Seiten zeigten. Doch auch wenn es zu einer Annäherung kam, so waren doch die Mythen, und die Gewichtung der Götter darin von Stadt zu Stadt recht unterschiedlich. Talo Ocreom Cinat - der Autor des "Webstuhls" Cinat wurde etwa um das Jahr 250 auc in Sabessa geboren. In seiner Jugend diente er als Offizier in der Armee und nahm wohl an den Kriegszügen teil, in denen als letzte Stadt Cerion der sabessischen Herrschaft unterworfen wurde. Doch mehr noch als sein Schwert sollte seine Feder zu Frieden und Einheit der Insel beitragen. Denn nachdem er die Armee verlassen hatte, machte er es sich zur Aufgabe, die Mythen der Insel zu einen und dadurch auch die Menschen. Als er vierzig Jahre später sein Werk der Öffentlichkeit vortrug, hatte er ein Meisterwerk geschaffen. Im ganzen Land hatte er die Mythen und Legenden gesammelt und sie als erster und bisher einziger zu einem Werk vereinigt, daß weder Brüche noch Ungereimtheiten aufwieß, ganz, als hätte er es von Anfang bis Ende selbst erfunden. Dabei mußte er natürlich einige Änderungen an den Geschichten vornehmen, doch war er hierbei so behutsam vorgegangen, daß sich auf der ganzen Insel kaum jemand fand, der nicht voll Freude die Mythen der eigenen Kindheit wiedererkannt hätte. Keiner bestimmten Stadt gab er dabei den Vorzug, von jeder behielt er etwas und bei jeder änderte er etwas. Den Gegensatz zwischen Sabessa und Cerion nahm er auf und teilte die Götter in die verfeindeten Sippen der Elliade und der Neorier ein, wobei die Elliaden aus dem sabessischen Bereich stammen, die Neorier dagegen aus der Umgebung Cerions. Doch hielt er sich nicht sklavisch an diese Einteilung. Tandemeo ist einer der Stadtgötter Sabessas und war ursprünglich ein Bruder Teavas. Cinat ordnete ihn statt dessen den Neoriern zu. Die Idee von der Hochzeit der Götter, die Frieden zwischen den verfeindeten Sippen schafft, stammt dagegen aus Talessa, ganz im Süden Sabemas. Doch der "Webstuhl" ist nicht nur durch sein geschicktes Verbinden der verschiedenen Legenden berühmt geworden, sondern auch durch die Sprache, die einfach und doch treffend, sich Bauer wie Staatsmann fast von selbst einprägt. Er erreichte eine solche Eleganz in der Sprache, wie sie erst viele Jahrzehnte später wieder erreicht werden sollte. Die Zeit seit Cinat Cinat hat sein Ziel tatsächlich erreicht. Schon wenige Jahre nach dem Erscheinen des "Webstuhls" lernten Schüler auf der ganzen Insel seine Verse auswendig. Doch auch wenn das Buch eine Verbreitung erreichte, wie sonst kein zweites, war es stehts nur ein Objekt der Literatur, kein heiliges Buch. Es war immer klar, daß Cinat für die Geschlossenheit der Geschichte Änderungen vorgenommen hatte. So beziehen sich die Riten und Gesänge in den Tempeln meist noch immer auf die alten, die örtlichen Legenden, und doch gibt es kaum einen Sabener, der nicht zuallererst an Cinats Version der Geschichte dächte. Die Elliaden Die elliadischen Götter stammen ursprünglich aus dem Umfeld von Sabessa. Es handelt sich hierbei größtenteils um Götter, die etwas mit geistigen oder körperlichen Fähigkeiten zu tun haben. Luno Luno ist der Gott des Wissens und der Wissenschaft. Er gab den Menschen die Schrift und zeigte ihnen den Lauf der Gestirne. In der Universität von Sabessa findet sich ein Schrein Lunos, wo er zusammen mit seiner Frau Raca verehrt wird, ansonsten spielt er im religiösen Leben der Menschen kaum eine Rolle. Raca Raca ist die Göttin der Weisheit und der Prophezeiung. Zwar wird sie - ähnlich wie ihr Mann Luno - selten regelmäßig verehrt, doch gibt es einige Raca-Tempel, in denen Menschen nach Visionen suchen, wenn sie in schwierigen Situationen nicht weiter wissen. Die Priester dort geben ihnen dann einen speziellen Trank, worauf die Ratsuchenden einschlafen und von wirren Träumen geplagt werden. In langen Gesprächen suchen die Priester dann nach einer Lösung in den Traumbildern. Dioreta Dioreta ist die Göttin der Mütter und Ehefrauen, doch ist sie auch die Herrscherin über das Totenreich, weswegen sie auch die "Herrin hinter dem Regenbogen" genannt wird. Denn die Sabener glauben, daß das Totenreich mit der Welt der Lebenden überlagert ist, und daß man auf die andere Seite gelangen kann, wenn man unter dem Regenbogen durchgeht. Wer genau hinsieht, kann erkennen, daß die Welt unter dem Regenbogen dunkler aussieht - für die Sabener ist das ein Blick ins Totenreich. Den Mythen zufolge war Dioreta zuerst ihrem Mann Astuvar eine treue Gattin und ihren Kindern Ancauvo, Teava und Acos eine liebende Mutter. Doch die Untreue ihres Mannes stimmte sie zornig, und als er sie schließlich mit Saquira, ihrer eigenen Zwillingsschwester, betrog, verließ sie ihn und übernahm die Herrschaft des Totenreiches. Doch noch immer hat sie ein offenes Ohr und ein mitfühlendes Herz für alle Frauen - besonders für diejenigen, die von ihren Männern schlecht behandelt werden. Seit ihre Tochter Teava sich mit Tandemeo verlobt hat, webt Dioreta in ihren Hallen an einem Brautschleier für ihre Tochter. Die Seelen von unverheiratet gestorbenen Jungfrauen spinnen unter ihrer Aufsicht hauchfeine Fäden aus Spinnweben, die sie dann zu einem wahrhaft wundervollen Schleier verwebt. Dabei arbeitet sie alle Ereignisse des Weltenlaufs in das feine Gewebe ein. Erst wenn sie den Schleier beendet hat, kann die Hochzeit stattfinden, die eine letzte, goldene Zeit unserer Welt einläuten wird. Astuvar Astuvar ist der Gott des Meeres. Sein Jähzorn ist gefürchtet, doch bringt er den Menschen auch Wohlstand. Astuvar ist mit Dioreta verheiratet, mit der er drei Kinder hat: Ancauvo, Teava und Acos. Doch wie es seiner ungestümen Natur entspricht, ist er nicht treu, und seine unzähligen Liebschaften haben seine Ehe schwer belastet. Doch das hindert ihn nicht daran, weiterhin fremd zu gehen und in unzähligen Liebschaften Nachkommen zu zeugen. Die meisten von diesen sind Halbgötter, die als große Seehelden in die Legenden eingingen, doch aus der Beziehung mit Saquira entstanden die Meerdrachen, der Schrecken eines jeden Seefahrers. Astuvar bildet mit seiner Tochter Teava und deren Verlobten Tandemeo die Trias der Stadtgötter Sabessas. Sein erster Tempel befand sich in der Fischersiedlung an der Küste, die bald mit der - etwas weiter im Landesinneren an der Brücke über den Paidus gelegenen - Siedlung zur Stadt Sabessa verschmolz. Doch erst im Jahr 357 auc wurde der Astuvar-Tempel zu den anderen auf die Paidus-Insel verlegt. Tamuc Tamuc ist der Bruder Astuvars und wie dieser von ungestümem Wesen. Er ist der Gott des Rausches. Sei es der trunkene Rausch nach zu viel Wein, der Blutrausch in der Schlacht, oder der Irrsinn einer unglücklichen Liebe - Tamuc ist immer zur Stelle, wenn es darum geht, jeglichen Verstand über Bord zu werfen. Saquira Saquira nennt man auch die "Herrin hinter dem Spiegel". Während ihre Zwillingsschwester Dioreta über das Totenreich gebietet und sich die anderen Götter die Herrschaft über die Welt der lebenden Menschen teilen, regiert sie das Reich der Magie, in dem alles verdreht erscheint und in dem es gar viele seltsame Kreaturen gibt. Drachen und Nixen, Zentauren und Kobolde gehören zu ihren Untertanen und ihre Leibwache wird von seltsamen Mischwesen gebildet, die den Körperbau eines Menschen, aber den harten Panzer und die Flügel eines Käfers haben. Saquira gilt als eine Göttin ohne Gewissen, die stets nur den eigenen Vorteil sucht. Durch ihre Affaire mit Astuvar zerstörte sie die Ehe ihrer Schwester, und aus dieser Verbindung gingen die Meerdrachen hervor, die so manchen braven Seemann verschlungen haben sollen. Ein weiteres Beispiel für Saquiras Treulosigkeit ist die Liebschaft mit Terol, dem Mondgott, einem Neorier, trotzt der erbitterten Feindschaft, die zu diesem Zeitpunkt noch zwischen den Göttersippen herrscht. Aus dieser Verbindung geht ein Knabe hervor, Ridean, der Gott von Schlaf und Traum. Gerade diese Geschichte aber deutet auf Saquiras Ursprünge hin. Denn ihr wichtigstes Heiligtum liegt in Aenugia, und diese Stadt gehörte zum cerionischen Kulturkreis. Doch schon vor Cinats "Webstuhl" war sie mit einer Göttin aus dem sabessischen Kreis verschmolzen. Der Saquira-Tempel in Aenugia liegt vor einer steilen Felswand und tief im inneren dieses Felsen befindet sich das Allerheiligste. Statt von einer Tür wird diese Kammer von einem spiegelglatten Vorhang aus Wasser abgeschlossen. So ist es dem Gläubigen - und nur die wenigsten werden soweit vorgelassen - möglich, das Land "hinter dem Spiegel" zu betreten, wo Saquira herrscht. Ridean Ridean ist der Sohn, der aus Saquiras Affäre mit Terol hervorgegangen ist. Er herrscht über den Schlaf und die Träume der Menschen. Manchmal bringt er ihnen Rat und Hilfe und manchmal hat er Freude daran, sie durch seine Gaukelein zu verwirren oder zu ängstigen. Ancauvo Ancauvo ist der Gott der Schmiede und der schwer arbeitenden Menschen. Er liebt nicht die großen Worte und läßt lieber seiner Hände Werk für sich sprechen. Verheiratet ist er mit Ienna und zusammen hat das Paar einen Sohn, den kleinen Imear. Ienna Ienne ist die Göttin des Handwerks, aber auch der Diebe. Sie hat überaus geschickte Finger, nimmt es jedoch mit dem Recht nicht so genau. Sie hat einen wachen Geist und trotzdem - oder gerade deswegen? - liebt sie ihren ruhigen und bedächtigen Mann Ancauvo aufrichtig. Der gemeinsame Sohndes Paares ist Imear. Acos Acos wird stets als Jüngling zwischen Kindheit und Erwachsenwerden dargestellt. Sein Herz gehört der Musik und dem Tanz. Er hat ein fröhliches Gemüt und man sagt, daß seine Lieder selbst das bittere Herz von Nuira erweichen konnten, und das sogar, bevor es zum Frieden zwischen Elliaden und Neoriern kam. Imear Imear, der Sohn von Teava Teava ist die Göttin der Hirten, doch auch der Gerechtigkeit und der erklärte Liebling der Bevölkerung von Sabessa. Im Kulturkreis von Sabessa wenden sich auch die Jungfrauen an sie als Beschützerin, während in der Umgebung von Cerion Iumema diese Rolle übernimmt. Teava ist aber auch die Göttin des Flusses Paidus, der durch Sabessa fließt, und ihr Tempel war nachweislich der erste auf der Insel im Fluß, auf der sich heute das Stadtzentrum befindet. Dieser Tempel befindet sich an der Südspitze - also der vom Meer abgewandet Spitze - der Insel im Paidus. Eine etwa zwei Stockwerke hohe Mauer umschließt einen großen, rechteckigen Garten. Dieser Garten bietet mit einigen schönen Bäumen und Sträuchern einen recht hübschen Anblick, doch vor allem dient er als Weide für die heiligen Schafe der Teava, die hier frei herumlaufen. An der Innenseite der Mauer umschließt ein überdachter Gang drei Seiten des Gartens, der Rest der Anlage ist den Elementen frei zugänglich. An der vierten Seite, die dem Fluß zugewandt ist, wird Wasser aus dem Paidus unter der Mauer hindurch geleitet und fließt in einem gemauerten Kanal der Länge nach durch den Garten. An der Stelle, wo das Wasser eintritt, steht die Statue Teavas auf einem Sockel mitten im Wasser. Die Gläubigen nähern sich ihr über einen Pfad aus Trittsteinen, die sich gerade so über die Wasseroberfläche erheben. Ticca