Dhaharran ========= Wir, die Menschen aus dem Osten Apaconors, sprechen von Dhaharran immer, als wäre es ein Land, ein Volk. Tatsächlich aber zeigt sich diese Gegend von sehr unterschiedlicher Gestalt, je nachdem, wo man sich befindet. Die Sprache ist aber überall gleich - oder zumindest können sich alle Dhaharrani unabhängig von ihrer Herkunft verständigen - und auch wenn die Lebensweisen unterschiedlich sind, so fühlen sich die Menschen dieser Gegend doch einer gemeinsamen Kultur zugehörig. Einer Kultur, jedoch nicht eines Landes, denn jede Stadt ist stolz auf ihre Selbstständigkeit und verteidigt sie in der Not bis aufs Blut. Die Städte der Großen Sarithwüste --------------------------------- Heutzutage sind es fünf an der Zahl, nämlich Yesseni, Ganalim Arahas und Yawrin im Tal des Ne Gao, sowie Aksala am Yekhes, einem Nebenfluß. Früher einmal gab es noch weitere Städte, doch fielen sie der Kriegskunst der Mai San zum Opfer, und so künden heute nur noch Ruinen von ihrem einstigen Stolz. Aber auch die Städte, die bis jetzt überlebt haben, sind vom ständigen Wechsel von Krieg und Frieden gezeichnet. Keine unter ihnen, die nicht wenigstens für kurze Zeit unter der Herrschaft des Nachbarvolkes gestanden hätte. So finden sich hier starke Einflüsse eben jenes Volkes, ganz gleich, ob man nun die Philosophie, die Kunst, die Literatur oder auch Bereiche des täglichen Lebens wie Tracht, Essen oder Baukunst betrachtet. Noch besser aber erkennt man die Auswirkungen des jahrhundertelangen Unfriedens an der trotzig zur Schau gestellten kriegerischen Stärke dieser Städte. Mit starken Mauern gerüstet erheben sie sich auf steilen Felsklippen über den Tälern, in denen die von unzähligen Kanälen bewässerten Felder liegen. Rückt ein feindliches Heer heran - das durchaus aus der Nachbarstadt kommen kann - so ziehen sich die Bewohner in diese schier uneinnehmbaren Festungen zurück. Nur noch der Hunger kann sie dann bezwingen, und egal, wer gerade die Macht in der Stadt hat, er wird peinlichst darauf achten, daß stets Vorräte für mehrere Monate in den großen Speichern gelagert sind. Die Bewohner dieser Städte geben sich nicht weniger kriegerisch als ihre Heimat. Schon kleine Buben tragen stets einen Dolch am Gürtel und die erwachsenen Männer sind auch in Freidenszeiten nie ohne Schwert zu sehen. Nur Sklaven ist das Tragen einer Waffe verboten, und der Reisende, der Wert auf seine Freiheit legt, tut gut daran, diese Sitte zu beachten. Die Kleine Sarithwüste ---------------------- Die Kleine Sarithwüste zwischen den Gelfirnen und dem Inneren Meer ist wohl die unfruchtbarste und lebensfeindlichste Gegend des ganzen Landes. Kein Weg, keine Straße führt durch sie hindurch und kein Mensch würde es wagen, sich in ihrem Inneren niederzulassen. Nur an der Küste gibt es einige ärmliche Fischerdörfer, doch wenn die Gerüchte wahr sind, so verdienen sich die Menschen dort ihren Lebensunterhalt eher durch Piraterie und Sklavenhandel, denn durch ehrlichen Fischfang. Die Gelfirnen ------------- Auch im großen Gebirge der Gelfirnen gibt es kaum Städte oder Dörfer. Die Menschen, die hier leben sind größtenteils Viehhirten und ziehen das ganze Jahr mit ihren Herden umher. Die wenigen Dörfer liegen meist an Stellen, an denen Gold und Silber gefunden wird, und unterstehen in aller Regel einer der mächtigen Städte an der dhaharranischen Südküste, die ihre Interessen mit starken Garnisonen zu schützen wissen. Drei Städte gibt es jedoch in diesem Gebirge, und ihre Bedeutung kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Die edelste unter ihnen ist Gebrra, die Heilige Stadt. Von keiner Mauer geschützt liegt sie hoch in dem Pass, durch den Straße von Yesseni nach Arkassam führt. Hier residiert seit Jahrhunderten der Eremit von Gebrra, wie Sadaf, der Begründer der dhaharranischen Religion in ihrer heutigen Form, und alle seine Nachfolger seitdem genannt wurden. Noch heute gilt der Eremit von Gebrra als das geistige Oberhaupt aller Dhaharrani und selbst die Priester der Mai San im fernen Gao Nai erkennen seine Authorität an, wenn sie auch ihre Loyalität allein ihrem Kaiser schulden. xxxxx Gebrra ist wie bereits erwähnt vollkommen unbefestigt, doch wird es von den beiden Schwesterstädten Sheralim und Shawalim beschützt. Sheralim, das Nordtor, schließt den Pass nach Norden ab, Shawalim, das Südtor, bewacht den Zugang von Süden. Aber diese beiden Städte dienen nicht nur dem militärischen Schutz, sie kümmern sich auch um die weltlichen Belange Gebrras. So finden sich hier nicht nur die Felder und Speicher, aus denen das heilige Gebrra seine Nahrung bezieht, sondern auch die Unterkünfte für die Heerscharen von Pilgern. Denn nur Geistlichen oder ihren Schülern ist es gestattet, sich nach Sonnenuntergang in der Heiligen Stadt selbst aufzuhalten. Die Hedschadwüste ----------------- Auch hier finden sich kaum größere Orte. Wo eine Oase ganzjährig Wasser führt, gibt es kleine Dörfer, die vom Ackerbau leben und zum Schutz gegen wilde Tiere und böse Menschen von Mauern umgeben sind. Meist reicht die Ernte kaum für das eigene Überleben, und so tragen diese Orte wenig zum Handel Dhaharrans bei. Einzig der kudhuk, eine der Teesorten, die von Dhaharran nach Mai Hoi Ne und Sabema exortiert werden, sowie das Salz, das sich in der Nähe einiger Orte in großer Menge finden läßt, locken doch Karawanen in diese Gegend. Neben der sesshaften Bevölkerung gibt es aber auch Nomaden, die mit ihren Herden von Wasserstelle zu Wasserstelle ziehen, ganz ählich den Stämmen der Gelfirnen, mit denen sie auch enge Kontakte pflegen. Die Südküste ------------ Die Südküste ist mit Sicherheit der reichste Landesteil. Hier finden sich die großen Städte wie Arkassan, Aksalla, Dayellan, Mukassi, Akhas und vor allem das grüne Nakramas. Sie alle - bis auf die letztgenannte - gleichen sich für den Fremden, der sie von See erblickt, wie ein Ei dem aderen. Weiße Häuser drängen sich dicht um einen lebhaften Hafen, beschüzt von einer starken Mauer, die ihrerseits von einem fruchtbaren Gürtel von Äckern, Gärten und Weiden umschlossen wird. Einzig Nakramas verläßt sich voll Stolz auf seine Handelsmacht und verzichtet auf jeden Ackerbau. Dort reicht der wuchernde Dschungel bis dicht vor die Tore der Stadt und der freie Grasstreifen zwischen Mauer und Wald dient eher der Sicherheit vor Angreifern, denn als Weide für die wenigen Kühe und Ziegen der Bewohner. In diesen Städten schlägt das wahre Herz Dhaharrans, der pulsierende Handel. Von hier fahren die Schiffe aus, die jeden Hafen des Inneren Meeres kennen, die regelmäßig die weite Reise zu den Küsten Eoconors auf sich nehmen und die manches Mal sogar bis Iskog auf Aronan und Tula auf Arlin vordringen. Auf ihren oft monatelangen Reisen handeln diese tüchtigen Kaufleute mit allem, was sich ihnen bietet. Über sie läuft heutzutage der gesamte Handel mit Mai Hoi Ne und auch die talillischen Wolstoffe gelangen oft auf dhaharranischen Planken nach Belida oder Sabema.Aus ihrem eigenen Land bringen die Schiffe vor allem Gold- und Silberschmuck, sowie bekannten Teesorten kudhuk, khoshen und arlak, die in der Hadschedwüste beziehungsweise in den Dörfern am Südhang der Gelfirnen angebaut werden. Nakramas, das wohl den ganzen Dschungel kontrolliert, wenn auch nicht vollkommen beherrscht, handelt überdies mit exotischen Früchten, Gewürzen und seltsamen Tieren oder ihren Fellen und Bälgen. Herrschaftsformen ----------------- So vielfältig wie die Landschaft sind auch die Herrschaftsformen in Dhaharran. In manchen Städten regiert ein Prinz wie ein kleiner König, in anderen stellen die reichsten Familien den Rat, in wieder anderen wird ein Mann nach wie auch immer gearteten Regeln zum Herrscher auf Zeit bestimmt. Da sich die Regierungsform in ein und der selben Stadt darüber hinaus von einem Tag auf den anderen ändern kann, und dies in den meisten Städten auch bereits mehrfach getan hat, würde eine genauere Betrachtung den Rahmen dieser kurzen Abhandlung sprengen.